Montag, 4. Juni 2018

"Landsby", Christine Millmann



Meinung / Inhalt

Die Geschichten von Christine Millman konnten mich bis jetzt immer begeistern und ich schätze sie als eine wirklich fantastische, kreative und vielseitige Autorin. Nun ist „Landsby“ eine Dystopie und neben Zombies, lese ich dieses Genre mit am liebsten. Konnte Christine Millmans Dystopie mich überzeugen oder mutierten wir zu etwas Inkompatiblen?

Dystopien laufen ja gerne und bekanntlich nach einem bestimmtem Schema ab: Die Menschen werden von einem Regime unterdrückt und irgendeiner rebelliert dagegen. Es kommt zum großen Kampf und das Regime wird gestürzt. Das ist jetzt etwas stark vereinfacht, aber in der Regel läuft es so ab. Und da kommen wir gleich zum ersten großen Pluspunkt von „Landsby“. Zwar ist das Schema grob das gleiche, aber unsere Protagonistin, die uns durch die Geschichte führt, ist nicht die typische Rebellin.

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Jule in der Ich-Form. Diese Art des Erzählens mag ich eigentlich gar nicht und komme auch nur schwer in die Geschichte rein. Ganz anders hier. Durch die etwas kühle und distanzierte Schreibweise fühlte ich mich seltsamer Weise sehr mit Jule verbunden und konnte ihre ganze Art und Vorgehensweise viel besser nachvollziehen. Christine Millman schaffte es, mich sofort in die Geschichte zu ziehen und darin festzuhalten. Keine Chance auf entkommen! Fluchtversuche scheiterten augenblicklich und ich musste mit ansehen, wie Jule sich von einer schweren Entscheidung zur nächsten hangelte, immer Unwissender als zuvor, immer verunsicherter. Bis schließlich am Ende unser beider Weltbild zusammenbrach und wir uns selbst neu sortieren mussten.
Jule wäre nicht unbedingt meine erste Wahl, wenn es um eine Person geht, die gegen das System rebellieren sollte. Jule stimmt nicht mit allen Regeln überein, die die „Herrscher“ der Kolonie vorschreiben, allerdings weiß sie auch nicht so wirklich, gegen was sie eigentlich ist. Sie ist unsicher und schwankt immer mal wieder in ihrer Meinung. Allerdings ordnet sie sich dann doch lieber den Regeln unter, als offen zu sagen, was sie denkt. Gerade zu Anfang dachte ich, Jule macht nur, was andere für sie für richtig halten, merkte aber schnell, dass das so nicht stimmt. Jule sagt nur nicht immer gleich, was sie von einer Sache hält. Sie schaut erstmal, was sich entwickelt, denn vielleicht ist die ganze Situation doch nicht so schlimm. Im Grunde ist das ja okay, aber dadurch, dass sie erstmal alles „austestet“ landet sie von einer Misere in der nächsten. Das ist jetzt keine Kritik, schließlich lebt die Geschichte davon, Jule war nur gerade zu Anfang ein bisschen arg passiv.
Diese Passivität ließ aber schnell nach, als sie die Mauern der Kolonie hinter sich ließ und von jetzt auf gleich auf sich gestellt war. Durch diesen Kontrast verdeutlichte Christine Millman auf sehr eindrucksvolle und vor allem auf eine bleibende Art, wie das Leben in der Kolonie war und wie die Menschen unterdrückt wurden.
Was mir an Jule besonders gefiel, war nicht nur ihre Anpassungsfähigkeit, sondern die erfrischende Neugierde, mit der sie auf alles Unbekannte reagierte. Klar hatte sie auch Angst, aber sie sperrte sich nicht gleich gegen alles. Und was sie letztendlich zu einer wirklich fantastischen, eigenständig denkenden Protagonisten und Person innerhalb der Geschichte machte, war ihre Art, Nein zu sagen. Sie ist gegen die Kolonie, gegen das was darin passiert und wie mit den Ergebnissen umgegangen wird, aber zeitgleich ist sie auch gegen Krieg. Sie will eine andere Lösung, und dafür tut sie alles.

Die Geschichte selbst ist auch anders als das Schema, denn obwohl es eine Dystopie ist, funktioniert sie auf einer anderen Ebene. Der Schwerpunkt liegt hier nicht gänzlich auf dem Rebellieren sondern eher darauf, wie Jule die Welt sieht und wie sie wirklich ist. Darauf, dass wir alle Menschen sind, die es verdienen zu leben und dass es auch andere Möglichkeiten gibt, als immer nur Krieg. Und dieser menschliche Aspekt war es, der mich letztendlich komplett in die Geschichte zog und mich bis zum Ende gefangen hielt. Jule und ich lernten Stück für Stück, wie es ist, füreinander einzustehen, selbst Entscheidungen zu treffen und wie es ist, wenn da jemand ist, der die eigene Meinung zu schätzen weiß. Wie es ist, wenn man weiß, dass man die Möglichkeit hat, Nein zu sagen.


Fazit


Am Ende bleibt mir nur sagen: Ich bin sowas von froh, dass ich den zweiten Band hier liegen habe und sofort weiterlesen kann! Ich denke, dass sagt alles.
„Landsby“ ist eine der besten Dystopien, die ich je gelesen habe und ich kann sie vorbehaltslos jedem empfehlen, der sich in diesem Genre zu Hause fühlt. Ich würde sogar so weit gehen und „Landsby“ als Pflichtlektüre im Dystopie-Genre bezeichnen. Wer dieses Buch nicht gelesen hat, weiß nicht, welche Möglichkeiten innerhalb einer Dystopie möglich sind! 

Klappentext

Die achtzehnjährige Jule gehört zu den wenigen fruchtbaren Frauen in der streng von der Außenwelt abgeschotteten Kolonie. Eigentlich ein Glücksfall, denn nun darf sie an dem von der Regierung entwickelten Reproduktionsprogramm teilnehmen, das ihr Ansehen und Reichtum verspricht. Doch Jule ist alles andere als glücklich. Sie will sich keinem Programm beugen, das sie zwingt, Kinder zu gebären, die ihr gleich nach der Geburt genommen werden. Als sie dennoch teilnehmen muss, merkt sie sofort, dass etwas nicht stimmt. Die Probandinnen benehmen sich komisch. Und was geschieht mit den Säuglingen? Heimlich beginnt sie, nach Antworten zu suchen und findet eine grausige Wahrheit, die ihr nur eine Wahl lässt: Sie muss aus der Kolonie fliehen. Doch die Außenwelt ist tödlich. Vor allem wegen der Mutanten, von denen es heißt, sie wären wild und gefährlich. Und ausgerechnet einer Gruppe von ihnen, angeführt von dem geheimnisvollen Galen, fällt sie in die Hände ...











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