[Old but gold]
Inhalt/Meinung
Ich hatte mich um
ein Rezensionsexemplar beworben, weil mich der Klappentext neugierig gemacht
hat. Können Online-Rollenspiele wirklich gefährlich werden? Was steckt hinter
den einzelnen Figuren und wie beeinflussen diese Spiele das Privatleben? Ob der
Autor mir meine Fragen beantworten konnte? Schauen wir mal nach …
Finja ist die
weibliche Hauptprotagonistin und im Grunde das, was man sich unter einer
Online-Game-Spielerin in den Mitzwanzigerin so vorstellt. Sie leidet unter
einer Menge Selbstzweifeln, meistens geschürt von ihrem Umfeld. Egal ob bewusst
oder unbewusst machen ihre Mitmenschen ihr das Leben noch schwerer und
bestätigen sie noch in ihren (teilweise ausufernden) „Wahnvorstellungen“.
Immer wieder lässt
sie Dinge mit sich machen, die sie eigentlich nicht will und ärgert sich dann
im Nachhinein, dass sie sich nicht gewehrt oder ihre Meinung kundgetan hat.
Durch das Rollenspiel entflieht sie dieser, in ihren Augen, unfairen Welt.
Innerhalb von „Breathe of Doom“ ist sie stark und schön, kann gegen größere
Gegner kämpfen und gewinnt. Innerhalb dieses Spiels ist sie einfach eine ganz
andere „Person“ und dieses Gefühl genießt sie.
Ich glaube, dass Finja mit den richtigen
Menschen um sich herum von ganz alleine zu mehr Selbstbewusstsein gefunden
hätte. Aber die Menschen, mit denen sie sich abgibt und die ihr Ratschläge
erteilen, denken nur daran, was sie selbst machen würden und nicht, ob dieser
Ratschlag Finja überhaupt was nützt. Finja hat mir mehreren Meinungen zu
kämpfen und ihre eigene geht dadurch vollkommen unter. Von daher sorgt das
Online-Spiel dafür, dass sie plötzlich in eine Situation geworfen wird, die in
ihrem RealLife spielt und in der sie alleine eine Entscheidung treffen muss.
Und da ihr diesmal niemand dazwischen redet, trifft sie in meinen Augen auch
die Richtige. Ihr werden rechtzeitig die Augen geöffnet und sie erkennt, durch
das Spiel, wer ihr wirklich helfen will und wer nicht.
Die Entwicklung
von Finja ist interessant, denn sie zieht sich nicht von unten nach oben durch
die Geschichte sondern macht Sprünge. Zwischendurch kommt immer die Person
durch, die Finja gerne sein möchte, wird dann aber von ihren Zweifeln wieder
verdrängt. Für mich war Finja eine glaubhafte Figur, deren Ängste und Zweifel
ich stets nachvollziehen konnte. Manchmal handelte sie zwar ein bisschen naiv,
was aber durchaus zu ihrem Charakter passte, alles andere wäre unpassend
gewesen.
Das Rollenspiel
steht laut Klappentext im Mittelpunkt der Geschichte. Während des Lesens wird
jedoch schnell klar, dass das so nicht der Fall ist. Es erschien mir eher, dass
das Rollenspiel diesmal die Figur des Antagonisten eingenommen hat. Es
umschmeichelt Finja, lockt sie mit falschen Tatsachen immer weiter weg von
ihrer eigentlichen Realität.
Das Spiel sorgt
dafür, dass Finja sich von ihrem Leben abwendet und selbst während der Arbeit
„Feinde“ sieht, wo vielleicht gar keine sind. Anderseits sorgt es dafür, dass
sie sich entwickelt. Klingt jetzt etwas absurd, ist aber so.
Denn ich hatte das
Gefühl, dass Finja durch das unechte Selbstvertrauen innerhalb ihrer Figur im
Spiel, zu mehr Selbstvertrauen außerhalb der virtuellen Umgebung fand. Das
Spiel suggerierte zwar nur, dass sie stark und schön ist, aber das Gefühl blieb
in Finja erhalten. Natürlich weiß man nicht, wer hinter den Mitspielern steckt
und es war auch für mich Überraschend, als das große „Outing“ anstand.
Bei zwei Spielern
ahnte ich ihre Identität, auch wenn der Autor gekonnt in eine andere Richtung
spielte. Bis zum Ende hin ist Finja dagegen Ahnungslos und genau dieser
Umstand, macht das Rollenspiel für sie so gefährlich. „Breathe of Doom“ war für
mich innerhalb der Geschichte mehr ein roter Faden, an welchem sich die
Handlung entlang entwickelte und auch veränderte, je nachdem wie Finja mit dem
Spiel umging.
Es war
allgegenwärtig, auch wenn nicht gespielt wurde und am Ende hatte es ja doch
etwas Gutes. Außerdem fand ich es gut, dass spieltechnische Begriffe während
des Lesens fließend erklärt wurden, damit auch Unwissende (wie ich) wussten,
was die Aufgaben der einzelnen Figuren waren.
Zum einen wäre da
Stefan, der Abteilungsleiter bei dem Ticketservice und ihr direkter
Vorgesetzter. Er spielt in Finjas Leben eine wichtige Rolle, eigentlich sogar
zwei. Immer wieder schafft er es, sie zu umgarnen und im Grunde dadurch zu
Erniedrigen. Stefan steht weit über Finja und das nicht nur innerhalb der
Arbeit. Diesen Umstand lässt er sie fühlen, wann immer er dazu kommt. Und auch
hier sorgt das Rollenspiel dafür, dass sein wahres Gesicht zutage kommt.
Der zweite Mann in
Finjas Leben ist Ben. Ben ist schüchtern, still und zurückhaltend. Finja ist
begeistert und stürzt sich auf ihn wie eine Verdurstende auf Wasser. Allerdings
zeigt er schneller, was wirklich in ihm steckt und so ist Finja wieder hin und
hergerissen. Ist er wirklich der Mann, den sie in ihm sieht oder spielt er ihr
etwas vor? Bei beiden kommt wirklich erst am Ende heraus, wer nun Finjas
„Gegner“ ist und wer nicht. Finja muss sich entscheiden, wem sie vertraut und
dabei ist es nicht das Rollenspiel, in welches sie sich flüchten kann.
Bei der
Darstellung und Beschreibung der Männer hat der Autor in meinen Augen wirklich
ganze Arbeit geleistet. Stefan war als Chef und Möchtegern-Aufreißer genauso,
wie ich ihn mir vorgestellt habe. Von Überbevorteilung seiner Lieblinge, bis
hin zu Mobbing des Fußvolkes war alles dabei. Und so ganz nebenbei sah er
natürlich auch noch wirklich heiß aus. Ben ist das ganze Gegenteil von Stefan.
Arbeitslos, Problembehaftet und Unsicher in allem was er tut, versucht er,
Kontakt zu Finja herzustellen. Sie lässt es zu und er stößt sie weg.
Ben (v)erschreckt
sie durch sein Verhalten und als er sie zurückholen will, will sie nicht mehr.
Er stellt ihr nach und am Ende kämpft er mit Schwertern um seine Liebe. Ben
zeigt sein wahres Gesicht und wozu er wirklich fähig ist.
Die Handlung ist
eigentlich recht uninteressant. Finja hat einen Job, der sie nicht
zufriedenstellt, Probleme mit ihrem Chef, ihr Privatleben ist eine einzige
Katastrophe und dann lacht sie sich noch einen Stalker an.
Wer kennt Probleme
mit dem Chef nicht?
Jeder muss
irgendwann mal Arbeit machen, die einen nicht restlos begeistert und dass das
Privatleben nicht immer rosig ist, kennen wir auch. Ja, die Sache mit dem
Stalker kennt wohl nicht jeder (hoffentlich), aber dennoch hat man davon mit
Sicherheit schon gehört.
Natürlich ist das
jetzt nur mal grob angerissen und die Handlung ist auf den zweiten Blick viel
komplexer als sie auf den Ersten zu sein scheint.
Zwar gerät
augenscheinlich das Online-Spiel in den Hintergrund, aber dennoch spielt es
immer eine Rolle und ist allgegenwärtig. Nichts würde sich so entwickeln, wie
es das tut, wenn Finja nicht dieses Spiel spielen würde. Auch die Entwicklung
der Charaktere wäre anders, denn sie werden bewusst und unbewusst in ihren
Handlungen von dem Spiel gelenkt. Dadurch wird eine einfache Handlung
interessant und mitreißend und der Autor hatte mich von der ersten Zeile an in
seinem Bann. Gekonnt verknüpft er die Entscheidungen innerhalb des Spiels mit
Situationen im RealLife, ohne das ich als Leserin es sofort bemerkt habe.
Klasse Umsetzung!
Im RealLife ist es
ja bekanntlich so, dass man nicht durch „Neustart“ noch mal von vorn beginnen
kann. Auch hat man nicht mehrere Charaktere, aus denen man sich den Besten und
stärksten auswählen und nutzen kann. Alles geht seinen Lauf, ohne Pause oder
Tipps am Bildschirmrand. Genau das muss Finja auch einsehen, als sie am Ende
ihres eigenen Spiels vor ihrem persönlichen Endgegner tritt. Und dennoch schöpft
sie aus dem Onlinespiel Kraft und Mut, um sich ihren Problemen zu stellen.
Das Ende löst alle
Fragen auf, verknüpft vielleicht noch lose Fäden und hat dennoch Raum, um
eigene Interpretationen einbringen zu können. Es passt zum Verlauf der
Geschichte und zeigt, wie weit sich die einzelnen Figuren entwickelt haben.
Nicht immer zum Positiven, aber auch das gehört zu einer Geschichte dazu.
Fazit
„MULTIPLAYER“
konnte mich von Anfang an auf ganzer Linie überzeugen und ich konnte es kaum
aus der Hand legen. Der Spannungsbogen ist meiner Meinung nach von Anfang an
recht hoch, aber auf eine dezente Art, und endet in einem wirklich großen
Knall.
Jannis Becker
zeigt mit dieser Geschichte, wie sich Onlinespiele auf das gesamte Leben eines
Menschen und seiner Umgebung auswirken können. Das Spiel ist ein wichtiger
Aspekt innerhalb der Geschichte, drängt sich aber nie in den Vordergrund.
Glaubhafte Figuren und eine realitätsnahe Handlung runden das Bild ab.
Klappentext
„Rache ist etwas
Wunderbares, dachte Finja. Sie hatte einmal gelesen, dass Rache nur dann süß
sei, wenn das Opfer den Rächer erkannte. Seit sie ‚Breath of Doom‘ spielte,
teilte sie diese Ansicht nicht mehr. Es war viel schöner, sich im Stillen zu
rächen, unerkannt und in fremder Gestalt.“
Ein Chef, der sie
schlecht behandelt. Kollegen, die ihr die kalte Schulter zeigen. Ein Leben, das
sie von Tag zu Tag mehr zu ersticken droht. Finja fühlt sich wie im freien Fall
– bis sie das Online-Rollenspiel „Breath of Doom“ entdeckt. In der
abenteuerlichen Fantasywelt wird aus der hilflosen jungen Frau die mächtige
Zauberin Brianna. Hier kann sie es mit jedem Gegner aufnehmen und voller
Selbstvertrauen von Sieg zu Sieg ziehen. Auch in Finjas wahrem Leben scheint
sich auf einmal alles zum Guten zu wenden, als sie dem schüchternen Ben
begegnet. Doch ist er wirklich der Mann, für den sie ihn hält? Und ist auch in
der Online-Welt alles anders, als es auf den ersten Blick scheint?
Ein fesselnder
Roman über die beklemmende Frage: „Was passiert, wenn ein Spiel zur gefährlichen
Falle wird?“
(Das Copyright von zitierten Texten, Bildern und Illustrationen liegt bei den Verlagen, Autoren und/oder den Illustrationen, die im Impressum erwähnt werden. Das Copyright der Rezensionen liegt bei mir. Zitate an anderen Stellen nur mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis.)
Oh ein weiteres Buch auf meiner Wunschliste. g
AntwortenLöschenIch freue mich, wenn es dir gefällt! :-D
LöschenKlingt richtig gut, und ich muss zugeben, dass mich der Spiele-Aspekt zu der Rezi gelockt hat.
AntwortenLöschenIch werde es auf jeden Fall mal im Auge behalten. :-)
Liebe Grüße,
Mona
Ich war sehr überrascht, dass dieser Spiele-Aspekt so gut rübergekommen ist! War wirklich interessant!
LöschenLG
Tilly
Hallo liebe Tilly,
AntwortenLöschendu liest immer so interessante Bücher. Geschichten, die ich noch so gar nicht auf dem Schirm hatte. Bereits bei dem Blick aufs Cover bin ich neugierig geworden. Auch interessiert mich das Thema Rollenspiel sehr. (Ich war damals selbst begeisterte Zockerin) Das was du über die Protagonistin schreibst hat mir schon unheimlich gut gefallen. Ich finde der Grund, warum sie sich in virtuelle Welten flüchtet, ist nachvollziehbar. Überhaupt gefällt mir die psychologische Komponente hier sehr. Auf die beiden männlichen Charaktere hast du mich mit deiner Rezension auch gerade wirklich neugierig gemacht. Da möchte man doch wissen, was sich hinter ihrer oberflächlichen Fassade noch so verbirgt. Okay. Das Buch muss jetzt auch auf meine Wunschliste. Hilft ja nichts ;o)
Vielen Dank für diese geniale Rezension. Ich muss sagen, dass mir alleine das Lesen deiner Worte schon richtig viel Spaß gemacht hat <3
Ganz liebe Grüße
Tanja