So langsam kroch die Kälte eines alten Hauses durch meine Strickjacke und legte sich auf meine Haut. Die Gänsehaut, die entstand, gruselte mich irgendwie. Warum? Hier war doch jetzt nichts passiert. Das Haus war leer, etwas muffig und dafür, dass es verfallen inmitten von Feldern stand, konnte es nichts. Ich fragte mich, was hier wohl geschehen war.
Die Bücher reizten mich und kurzerhand schnappte ich mir eins und ing zurück in die Vorhalle. Die nächste Tür, die ich öffnete offenbarte mir einen roten Ohrensessel. Hinter ihm kam das Efeu, dass ich draußen schon gesehen hatte, durch das kaputte Fenster und brachte mehr Licht mit als nebenan. Der Ohrensessel sah abgewetzt aus und dennoch ließ ich mich mit einem Schnaufen darauf nieder. Eine Staubwolke entlockte mir ein Niesen, die Federn im Sessel quietschten, aber sonst saß es sich gut hier.
Ich blickte auf das Buch. Horrorbuch, rief ich mir ins Gedächtnis. Ich sah mir ein Horrorbuch mit der Aufschrift "Heimgesucht" in einem alten Ohrensessel in einem verlassenen Haus an. Kurz gestand ich mir ein, dass ich gerade ein Gruselklischee bediente, dann erfreute ich mich an der Atmosphäre, die ich selbst erschaffen hatte.
Hm. Ich blickte auf und fragte mich, was Horror und Grusel eigentlich ausmachen. Es müssen nicht immer die blutigen, zombiehaften Storys sein, die den Horror verbreiteten. Obwohl das auch ein wichtiger Aspekt des Horror ist, vor allem wenn es unerwartet kommt. Die Atmosphäre muss stimmen, stellte ich fest und überblätterte das Gedicht "Das Haus", denn das wäre eindeutig zu viel Atmosphäre in diesem Augenblick.
Die Gänsehaut kroch abermals über mich. Draußen ertönte ein kleines Quietschen, dass so schnell wieder weg war, wie es kam. Ich war mir unsicher. Hatte ich mir das eingebildet? Noch immer schien die Sonne durch die offene Eingangstür. Diese hatte sich nicht bewegt.
Das war ein Punkt, der auf jeden Fall für genug Grusel und dezenten Atemstillstand sorgt. Dinge, die sich von selbst bewegen. Die guten alten Geistergruselgeschichten. Wenn die Protagonisten nicht wissen, dass sie beobachtet werden, wenn die Bettdecke langsam von den Schlafendenen rutscht. Etwas, was nicht natürlich sein kann.
Okay, das ist auch wieder die falsche Geschichtswahl. "The Lost Place" sollte ich nicht hier lesen! Ich atmete tief durch und entsann mich, was das Wort an sich eigentlich hieß.
"Horror, lateinisch horror. Steht für Starren, Erschauern, Schrecken, Grausen", murmelte ich. Ich war wissenschaftlich genug bewandert, um zu wissen, dass es für alles eine rationale Erklärung gab. Den sich bewegenden Duschvorhang, das hohe Pfeifen in alten Häusern. Knarren und Knacken. Mein eigenes Denken brachte mich zurück zur Normalität und ich widmete mich wieder dem durchaus wohligen Gruselgefühl, denn darum geht es doch, wenn ich abends Spukfilme schaute oder Horrorgeschichten las.
Ich legte es darauf an, mich zu fürchten! Ich entschied, wie ich fühlte. Horror ist nur ein Wort.
Über mir knackte es. Mein Blick richtete sich zur Zimmerdecke. Außer Rissen und einem feuchten Fleck sah ich nichts. Mein Herzschlag beschleunigte sich, ich atmete angestrengt. Abwechselnd wischte ich die leicht schwitzigen Hände an der Jeans ab, legte das Buch aber nicht aus den Händen. Was sollte da oben schon sein?
Mit einem Knall klappte ich das Buch zu. Selbst eine Kurzgeschichte mit dem Namen "Flashbacks" ist zu viel, denn ich hörte ganz eindeutig Schritte. Von oben!
"Ich bin hier allein", flüsterte ich, legte das Buch auf den Ohrensessel und trat zurück in die Vorhalle. Hatte ich die Tür zum ersten Raum geschlossen oder offen gelassen? Meine Erinnerung ließ mich im Stich, ich war mit der Entdeckung der Bücher abgelenkt gewesen. War ich beim Betreten des Hauses sicher, hier alleine gewesen zu sein, sagte mir mein Gefühl, dass ich es nun nicht mehr war. Mein rationaler Verstand, versuchte eine Erklärung zu finden. Dadurch, dass ich mich an diesem Ort mit Gruselbüchern beschäftigt hatte, hatte ich meine eigene Spukgeschichte erschaffen. Ich sorgte selbst dafür, dass ich etwas Angst empfand. Dieses wiederkehrende grummelige Bauchgefühl, wie beim Betreten eines dunklen Kellers, obwohl man wusste, dass sich dort nur Regale und altes Zeug befanden.
Mein Herz schlug noch ein bisschen schneller. Und ja, ich erfreute mich an dem zartschrecklichen Gefühl.
Oben knarrte es. Etwas klapperte. Der Wind pfiff in die Vorhalle und wirbelte das Laub auf. Spukgeschichten. Geistererscheinungen. War es im Grunde egal, welche Art von Horror wir sahen, hörten, lasen, erlebten? Denn am Ende erschaffen wir uns selbst die Art von Horror, die wir in diesem Augenblick gerne erleben möchten.
Mit diesem Gedanken wand ich mich zur Treppe und setzte meinen Fuß auf die erste Stufe.
* * *
Ihr Lieben, was ist Horror für euch? Klassischer Grusel? Gespenster? Zombies? Gemetzel? Lasst mir eure Buch- und Filmtipps da!
HIER geht es zur FB-Veranstaltung. Dort gab es heute morgen schon ein paar Worte von den Autoren. Außerdem folgen noch Bilder und wieder Rezensions-Tipps! Dort könnt ihr auch das Gewinnspielbild schon angucken. ^^
Wenn ihr wissen wollt, wie es unserem einsamen Entdecker ergeht, dann kommt morgen wieder vorbei. ^^
Liebe Grüße
Tilly und der Held auf der Treppe
Tilly und der Held auf der Treppe
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