Donnerstag, 9. Mai 2019

"Wenn Blau im Schwarz ertrinkt", Sandra A. Huber



[Old but gold]

Inhalt/Meinung


Die Grundidee von „Wenn Blau im Schwarz ertrinkt“ scheint auf den ersten Blick klar zu sein: eine hübsche, junge Frau verliebt sich (neu) in einen Mann, den sie seit Kindertagen kennt. Natürlich hat er eine dunkle Seite, er ist einfach nicht von dieser Welt. Kennt man, hat man als Leser schon überall gelesen. So jedenfalls dachte ich am Anfang. Schnell wurde ich eines besseren belehrt, denn die Geschichte um Nick und Gwen, die beiden Hauptprotagonisten, greift viel, viel tiefer als man als Leser auf den ersten Blick denkt.

Der Prolog macht eindeutig neugierig auf mehr. Als Charaktereinführung ist die Art des Rückblicks sehr gut gewählt. Ich bekam einen kurzen Einblick auf die späteren Personen und erste Hinweise, das mehr im Spiel ist, als ich zuerst gedacht habe. Die „Satz in Satz Methode“ (Schachtelsätze) sorgt leider für mehr Verwirrung als nötig und bringt hier und da unschöne Wortwiederholungen von „schlicht“ und „schlichtweg“ hervor.

Gerade bei den ersten Seiten hatte ich etwas Probleme mich in die recht seltsame und poetische Schreibweise einzufinden. Sie passt allerdings zur Geschichte, auch wenn diese in unserer Welt spielt und zieht sich durch die gesamte Geschichte, deswegen wird es einfacher, sobald man als Leser den Sprung zwischen die Zeilen geschafft hat. Durch den recht hohen Spannungsbogen bleibt man auch stets in der Geschichte gefangen, bis zum Ende hin wurde es mir nicht einmal langweilig, während ich Nick und Gwen begleitet habe.

Auch wenn der Prolog in der Vergangenheit spielt, steigt die Geschichte ohne großes Vorspiel bei der Wiederbegegnung von Nick und Gwen an. Ein einschneidendes Erlebnis zeigt uns Lesern und auch Gwen, das Nick irgendwie anders ist. Gut und Böse scheinen nicht weit voneinander entfernt zu sein. Denn Nick ist ein Halbsensat, entstanden durch die ungewollte Verbindung von Licht und Dunkel, aber er hat eine menschliche Mutter.

Am Anfang erschien mir Nick als Normal, vielleicht ein bisschen zu aggressiv. Ich wurde nicht so richtig schlau aus ihm, bis er selbst die Erklärung seines Verhaltens liefert. Danach wird so einiges klarer, auch wenn ich mir denken konnte, das er anders ist. Allerdings weiß man auch nach seiner eigenen Erklärung noch nicht ganz genau, was die Sensaten eigentlich sind und vor allem, was sie eigentlich wollen. Diese Unwissenheit wird auch am Ende von der Geschichte nicht vollends aufgelöst. Man bekommt als Leser zwar hier und da immer wieder kleine Hinweise und auch mehr Informationen zur Entstehung, aber der Grundantrieb der Sensaten ist unklar. Was allerdings nicht schlimm ist. Nick ist am Ende der Geschichte ein laufendes Rätselbuch und genau das hält die Spannung für den zweiten Teil. Ich habe genug erfahren, um offenen Fragen zu entgehen und bin trotzdem neugierig genug, was aus Nick noch wird. In welche Richtung er sich letztendlich entwickelt und ob seine Liebe in dem kalten Menschen noch eine Chance hat.

Gwen ist da schon schwerer zu greifen, obwohl sie viel öfter im Vordergrund steht. Sie erlebt in sehr kurzer Zeit viele, manchmal äußerst gewalttätige Situationen, an denen sie sehr lange zu arbeiten hat. Vieles lässt sich nicht sofort analysieren und einiges ist auch noch sehr verwirrend, da sie die Hintergründe nicht kennt oder sofort versteht. Eins muss man ihr lassen, sie scheint wirklich stark zu sein und zerbricht nicht an der Last. Zwar leidet ihre Konzentration, was einen Zwangsurlaub von der Arbeit heraufbeschwört, aber ansonsten läuft ihr Verstand noch rund. Was ihre Arbeit angeht, bin ich da etwas zwiegespalten. Warum sie das macht, wird am Ende klarer: es liegt einfach in ihrer Natur, anderen zu helfen.

Allerdings hat ihr Arbeitgeber einen ganzen Eimer voll Kulanz und Verständnis, was in meinen Augen doch etwas weit hergeholt ist. Gerade in einem Krankenhaus geht das sicherlich nicht so einfach, dass eine Assistenzärztin einfach mal ein paar Wochen Urlaub nimmt und auch das zu spät kommen ohne weiteren Ärger vom Tisch ist. Für Gwen kommt die freie Zeit genau richtig, nur hätte das vielleicht etwas anders geregelt werden können. In meinen Augen ist es einfach zu viel Verständnis, das ihr Chef an den Tag legt.

Die Autorin erwähnt zwar immer wieder, dass Gwen am Boden liegt (metaphorisch), aber es ist nicht nachvollziehbar, da ihre Handlungen das Gegenteil zeigen. Sie befasst sich weiter mit Nick, obwohl er sie verdammt schlecht behandelt. Sie versucht ihre Familie und Freunde zu retten und behält auch bei einem Todesfall einen relativ klaren Kopf. Am Ende bekommt man dafür eine wirklich interessante Erklärung geliefert, die ein ganz anderes Bild auf das Verhalten von Gwen wirft und ich musste meine Meinung über sie ändern. Es hat mir sehr gut gefallen, das die Autorin die Leser hier zuerst in eine ganz andere Richtung lenkt, was das Erscheinungsbild von Gwen angeht und am Ende eine weitreichende Information über sie auspackt. Dennoch hätte ich mir irgendwie mehr Informationen über Gwen gewünscht. Sie ist eine sympathische Hauptprotagonistin, bei der mir aber leider ein paar mehr Hintergrundinformationen gefehlt haben, gerade weil sie immer mal wieder von sich selbst sagt, anders zu sein.

Das Verhältnis zwischen Nick und Gwen ist  noch lange nicht an seinem Endziel angelangt und wird wahrhaftig auf eine sehr harte Probe gestellt. Als Leser bekommt man einen kurzen Einblick, wie es zwischen den beiden früher war und nimmt das unbewusst als Vergleich. Als Kinder scheinen sie sich sehr nahe gestanden zu haben, ein Verständnis auch ohne Worte. Sie waren auf einer Wellenlänge, wie man so schön sagt. Die plötzliche und jahrelange Trennung hat dem Verbundenheitsgefühl zwar keinen Abbruch getan, aber beide haben sich weiter entwickelt und hinterfragen nun die Taten des anderen. Es wird nichts mehr Vorbehaltslos hingenommen. Aus Kindern sind Erwachsene geworden, die ihr eigenen Päckchen tragen müssen und diese aus einem unerfindlichen Grund nicht mit der wichtigsten Person im Leben teilen wollen.

Schutz vor Gefahren ist immer wieder eine tolle Ausrede, aber im Grunde macht dieser Schutz alles Schlimmer, was Gwen und Nick schmerzhaft erfahren müssen. Man spürt die Entwicklung und Verschiebung des Verhältnisses zwischen den beiden immer wieder auf ein Neues. Allerdings wird es nicht langweilig, denn die Situationen treiben die Handlung voran und entwickeln die Charaktere.

Was das Zwischenmenschliche angeht, gehen Nick und Gwen einen langsamen Weg.

Als sie doch recht überstürzt bei ihm einzieht und es dann auch nicht lange dauert, bis „mehr“ passiert, dachte ich, dass jetzt dieses übliche Liebesgeschmachte kommt und hab innerlich schon genervt aufgestöhnt. Aber wieder einmal überraschte mich Sandra Andrea mit einem unerwarteten Handlungswechsel, der aber nicht verkrampft oder erzwungen wirkte, sondern sich in die schon bestehende Handlung problemlos eingefügt hat.

Natürlich darf in so einer Geschichte kein Antagonist fehlen. Wenn wir es hier auch mit zwei zu tun haben. Einen für Nick und eine Widersacherin für Gwen.

Nicks Gegenspieler bleibt bis zum Ende eine Person, die man nicht einzuschätzen wagt und auch ich habe noch keine abschließende Meinung über ihn. Nicht mal eine Vorläufige. Merkas gehört zu den reinen Sensaten und blickt eigentlich abwertend auf Nick, da dieser ja nur ein Halber ist. Dennoch will er Gwen loswerden, weil sie ihm im Weg steht, was Nick und sein Verhalten angeht. Auch ist mir noch nicht ganz klar, ob die Welt der Sensaten wie unsere ist, ob es dort einen „Chef“ gibt und ob das eben Merkas ist. Wenn in der Geschichte in die Welt der Sensaten eingetaucht wird, spielt das alles meistens an einem Ort und das gibt leider nicht allzu viel über diese andere Welt preis. Ich hoffe im zweiten Teil mehr darüber zu erfahren, da es im Ersten in meinen Augen mehr um Nick und Gwen ging. Sie sollte erfahren was er ist, welche Rolle sie spielt und die Sensaten wurden dem Leser erstmal nur nähergebracht.

Auch wenn das alles doch recht positiv klingt, habe ich natürlich auch ein paar Anmerkungen zum Text allgemein. Wie anfangs schon erwähnt, waren die Schachtelsätze verwirrend. Zum Glück verlieren diese sich nach ein paar Seiten und man kann bis zum Schluss den flüssigen Schreibstil genießen. Gerade auf den ersten Seiten finden sich vermehrt auch Tipp- und Rechtschreibfehler, die mir sofort ins Auge gesprungen sind. Manchmal fehlt nur ein Buchstabe oder die Formulierung ist seltsam.

Eine anfängliche, vermehrte Wortwiederholung von „schlicht“ und „schlichtweg“ und (mein persönlicher Favorit) das eindeutige Lieblingswort der Autorin: „Ihrigen“. Dieses Wort taucht meines Erachtens zu oft auf, auch wenn es neu und sicherlich in nicht vielen Geschichten zu finden ist, wäre vielleicht weniger mehr gewesen.

Diese kleinen Vertipper werden aber weniger. Es kann gut sein, dass mich die Geschichte so gefangen hatte, dass sie mir dann gar nicht mehr aufgefallen sind. Wie gesagt, direkt am Anfang ist so etwas immer recht unschön, aber ich finde, da sich die Fehler nicht Häufen, kann man bei dieser Geschichte auch mal ein Auge zudrücken und darüber hinweglesen.

Nun noch ein paar Worte zu dem Ende der Geschichte. Es ist ein zweiter Teil geplant, also muss die Autorin irgendwo einen Schnitt machen. Und ich finde, das hat sie hier perfekt gelöst. Das Kernproblem ist beendet, Gwen weiß nun, was es mit Nick auf sich hat. Es wäre also noch das Problem mit den Sensaten und Gwens Hintergrundgeschichte zu lösen. Genug Stoff, um in einem zweiten Teil separat als eigenständiges Kernproblem behandelt zu werden. Und um das ganze Geschehen herum müssen Nick und Gwen natürlich noch um ihre Liebe kämpfen. Für mich fühlte es sich genau an dieser Stelle richtig an, erstmal Luft schnappen zu können. Gwen hat viel Stoff zum Nachdenken bekommen und die Autorin serviert uns sogar noch einen neuen Mitspieler.

Und ich möchte auch hier noch mal den Titel erwähnen. Ich persönlich finde ihn ganz, ganz toll und mehr als passend. Diese fünf Worte geben in ihrer Schlichtheit den ganzen Inhalt des Buches wieder. So einen wunderschönen Titel sollte man viel öfters lesen.


Fazit


„Wenn Blau im Schwarz ertrinkt“ ist eine Geschichte über Liebe, die untrennbar mit dem Hass verbunden ist.

Die Autorin fragt den Leser zwischen den Zeilen, was man bereit ist für die Liebe zu geben. Im Grunde ist es eine Grundsatzdiskussion über das Geben und Nehmen in der Beziehung, verpackt in eine Geschichte mit Magie und Poesie, die einem als Leser zum nachdenken anregt und Fragen über die Liebe als solche aufwirft. Trotz des wirklich holprigen Einstiegs in die Geschichte fand ich mich schnell in der Welt von Gwen und Nick zurecht. Die Geschichte hat mich berührt, ohne eine reine Liebeserzählung zu sein. Ich kann mit gutem Gewissen eine Leseempfehlung für all die aussprechen, die mal eine etwas andere Liebes-Fantasy-Geschichte lesen möchten.


Klappentext


*Dark Romantasy voller Magie, Poesie, großen Emotionen und düsterer Dramatik*

Ein Zauber, der zu einem Fluch wird.
Hüter, die zu dunklen Wesen werden.
Licht inmitten von Dunkelheit.

Die Wege des Halbsensaten Nikolaj und des Menschenmädchens Gwen kreuzen sich im Kindesalter. Von diesem Tag an sind ihre Leben unwiderruflich miteinander verwoben. Nach einer gewaltsamen Trennung finden sie als Erwachsene erneut zueinander, doch die Jahre haben Spuren hinterlassen. Vor allem bei Nikolaj. Er offenbart Gwen seine wahre Natur, weil er befürchtet, sie sonst zu verlieren. Doch die Angst, dass sie sich von ihm abwenden wird, frisst ihn weiterhin von innen heraus auf. Schnell kommt weit mehr an die Oberfläche, als ihm lieb ist. All die Ereignisse und Enthüllungen stellen ihre Verbindung auf eine harte Probe. Darüber hinaus muss Gwen entdecken, dass nicht nur Nikolaj von Geheimnissen umgeben ist …

Es beginnt ein Kampf um Anerkennung, Gnade, Akzeptanz. Und allem voran: um Liebe.

 













(Das Copyright von zitierten Texten, Bildern und Illustrationen liegt bei den Verlagen, Autoren und/oder den Illustrationen, die im Impressum erwähnt werden. Das Copyright der Rezensionen liegt bei mir. Zitate an anderen Stellen nur mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis.)

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