Montag, 21. Februar 2022

"Oliver - Peace of Mind", Nicole Schröter


 [old but gold]

Inhalt/Meinung

Es gibt Bücher, vor denen drückt man sich. Man nimmt sie in die Hand, liest eine, zwei Seiten, legt sie wieder weg und greift zu einem anderen Buch.

Allerdings kann man sich vor diesen Büchern nicht verstecken. Sie entwickelt ein Eigenleben, fangen an zu leuchten und zu blinken. Machen auf sich aufmerksam.

Und so schleicht man um diese Bücher herum, bis es nicht länger geht und man sie einfach lesen muss, weil die Gedanken nur noch um dieses eine Buch kreisen, das man eben noch nicht gelesen hat. So ging es mir mit "Oliver. Peace of Mind".

Ich gebe gerne ehrlich zu, dass ich Angst hatte. Nicht vor dem Inhalt, sondern vor dem, was danach folgt. Die Rezension. Wie sollte ich das Leben eines Menschen rezensieren? Wie kann ich mir herausnehmen, vielleicht fehlende Charaktertiefe, sinnfreie Handlungen oder Logiklücken zu kritisieren, wenn doch die Hauptfigur damals ihre Gründe hatte, genau so zu handeln, wie sie es eben getan hat. Jeder hat in seinem Leben schon mal Entscheidungen getroffen, die andere mit einem Kopfschütteln abgetan haben.

Niemand darf sich das Recht herausnehmen, die Handlungen in einer biografischen Geschichte zu kritisieren. Nicole Schröter hat meinen vollsten Respekt und meine Anerkennung dafür, dass sie den Mut hatte, ihre Geschichte aufzuschreiben.

Eine Art der Verarbeitung, verpackt in Worte und nun lässt sie den Rest der Welt an ihrer Geschichte teilhaben. Aus diesem Grund schreibe ich hier keine Rezension, wie ihr sie vielleicht kennt. Ich versuche meine Gefühle in Worte zu fassen und zu erklären, warum "Oliver" eine Geschichte ist, die man nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln lesen sollte.

Während ich hier sitze und überlege, wie ich nun meine Gefühle in Worte verpacken kann, kommen mir schon wieder die Tränen. Ich denke, dass beschreibt es ganz gut. Tränen. Die komplette Geschichte um Oliver, sein Leben und Lieben, ist umgeben von Tränen. Tränen der Freude, weil er die Liebe findet. Freunde hat, seinem Leben einen Sinn verleiht!

Es sind Kleinigkeiten, die die Autorin hier zeigt. Kleine Einblicke in das Leben eines Menschen, denn wir nie kennenlernen durften. Ein Mensch der Lachen konnte, der aber ebenso leidenschaftlich gestritten hat.

Es sind Tränen der Wut, des Hasses. Hass auf sich selbst, auf alles andere und auf jeden, den Oliver kennt. Wut auf diejenigen, die es vielleicht ehrlich meinten, aber damals zu jung waren, um diese Art der Tränen zu verstehen. Unterdrückte Wut, überspielter Hass auf Menschen, die vieles hätten anders machen sollen, aber es einfach nicht besser wussten. Menschen machen Fehler. So sind Menschen nun mal.

Am Ende kommen die schlimmsten Tränen. Salzige, nie enden wollende Tränen, die die Trauer aus dem Herzen schwemmen, bis man nur noch die Zeiten betrauert, die man nicht zurückbekommen kann. Momente, die verpasst wurden. Sätze, die gesagt wurden. Gesten, die man gemacht hat. Man betrauert seine Fehler, weil man es nun besser weiß. Weil man begreift, dass Fehler menschlich sind, aber Verzeihen dazugehört.

Und weil es so viele Tränen in der Geschichte gibt, schwimmt innerhalb der Worte ein Strom voller Gefühle, Emotionen und Eindrücke, die den Leser mitreißen, auf eine Reise in der man lernt, nachzudenken. Nichts ist so wertlos wie vergeudete Zeit. Die Tränen kommen erst, wenn man begreift, dass man nichts, rein gar nichts, mehr an der aktuellen Situation ändern kann. Nicole Schröter zeigt, wie wichtig es ist, seine Zeit zu nutzen. Liebt man jemanden, dann soll man es ihm sagen, zeigen, fühlen lassen.

Nichts ist so wertlos, wie Zeit, die im Streit verbracht wurde. Vergeudete Zeit. Man kann sie nicht zurückholen.

Und wegen dieser Fülle an Tränen, sollte niemand "Oliver. Peace of Mind" in öffentlichen Verkehrsmitteln lesen

"Oliver. Peace of Mind" ist keine Geschichte, vor der man sich als Leser drücken muss. Anfangen, eintauchen, zulassen, mitfühlen und Tränen vergießen. Mehr muss man als Leser nicht machen. Es ist so einfach und dennoch einer der schwersten Schritte die es gibt.

Auch hier Frage ich: Wer nimmt sich das Recht heraus, den Abschnitt eines realen Menschenlebens zu bewerten? Wer rechtfertigt 2 oder 3 oder 4 Marken? Niemand, denke ich.

Fazit

Oliver. Peace of Mind" und die Autorin Nicole Schröter bekommen von mir meinen ganzen Respekt und tiefe Anerkennung. Wer den Mut aufbringt, ein solches Erlebnis mit dem Rest der Welt zu teilen, hat mehr als nur 5 Sterne oder was auch immer verdient. Ich verneige mich vor dir, Nicole, und gedenke Oliver in seinen guten Zeiten und den schlechten!

Klappentext

Dies ist kein Buch über Drogen- und Alkoholmissbrauch.
Dies ist eine Liebesgeschichte.

Bei Facebook finde ich mit den Jahren verloren gegangene Freunde wieder. Es ist schön zu sehen, dass sie alle noch da sind. Und es macht Freude zu hören, wie es ihnen ergangen ist.

Nur den, den ich am verzweifeltsten suche, finde ich nicht: Oliver!

Als ich ihn endlich finde, kann ich nichts mehr tun. Nichts, außer ihm mit diesem Buch meine letzte Ehre zu erweisen, und meiner Liebe zu ihm ein Denkmal zu setzen.

 

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(Das Copyright von zitierten Texten, Bildern und Illustrationen liegt bei den Verlagen, Autoren und/oder den Illustrationen, die im Impressum erwähnt werden. Das Copyright der Rezensionen liegt bei mir. Zitate an anderen Stellen nur mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis.)

1 Kommentar:

  1. Hallo liebe Tilly,
    ich kann gut verstehen, dass du dem Schreiben einer Rezension zu einer Biografie skeptisch gegenüberstandest. Ich bin auch ganz froh,dass ich diese Art der Bücher nicht so häufig lese und somit auch nicht rezensieren muss. Ich hatte dieses "Dilemma" allerdings auch schon einmal. Ich habe mich da auch gefragt, wie man überhaupt eine Sternebewertung für etwas vergeben kann, was man selbst nicht erlebt hat.

    Beim Lesen deiner Rezension merkt man wie intensiv und berührend diese Geschichte auf dich gewirkt hat. Und genau das ist es doch, was Bücher bewirken sollen: Sie sollen den Leser berühren, ihn nachdenklich zurücklassen und bestenfalls auch helfen den Erfahrungshorizont zu erweitern.

    Deine Rezension hat mich definitiv neugierig auf das Buch gemacht. Vielen Dank für diesen intensiven Einblick.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

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