Inhalt/Meinung
„Ararat“ zählt zu den Büchern, deren Klappentexte ich lese
und von denen ich sofort fasziniert bin. Ich kann noch nicht mal genau
benennen, warum das so ist, aber es gibt einfach so Bücher, die ziehen mich an,
wie Licht die Motten. Ich bin also eine Motte und Ararat war das Licht. Tötete
es mich, weil ich zu nah ran flog oder erschufen wir eine annehmbare Symbiose?
Fangen wir mal mit der Welt an. Das Beste an der ganzen
Geschichte ist nämlich die Welt! Damit hatte mich die Autorin sofort, auch wenn
ich gern mehr über die zerstörten Städte erfahren hätte, konnte ich mir doch
ein recht gutes Bild darüber machen. Aber ich greife vor.
Die Welt, so wie wir sie kennen, wird durch eine Megaflut
zerstört. Alles ist weg, die Menschen tot. Es dauert eine ganze Weile bis sich
die Menschheit erholt, davon bekomme ich aber nichts mit.
Aber das, was ich von der neuen Welt sah, hat mich
fasziniert. Jedwede Erfindung wurde weggespült und die Frauen müssen nun
gucken, wie sie klar kommen. Es ist ein hartes Leben, aber irgendwie fand ich
es auch einfacher. Die Frauen müssen sich keine Sorgen mehr machen, ob sie eine
E-Mail verpasst haben. Ob der Handyakku noch hält, weil man dauerhaft
erreichbar ist oder ob sie überteuerten Kaffee trinken wollen. Kein Gedanke an
das miese Fernsehprogramm oder der Drang immer und immer wieder online zu
gehen, weil man auf gefühlten zwanzig Portalen angemeldet ist und man gucken
muss, ob sich irgendwo irgendwer gemeldet hat. Es geht darum, zu überleben.
Essen, Wasser, ein warmes Zimmer. Feste Aufgaben, die für den Erhalt der Gruppe
sorgen. Gespräche, körperliche Erschöpfung, weil man wirklich etwas geschaffen
hat.
Die Welt, die Melanie Vogltanz geschaffen hat, war auf ihre
Grundzüge reduziert und ich fand es klasse! Natürlich ist nicht nur alles so,
wie ich es beschrieben habe. Es gibt Angst, Unterdrücken und jemanden, der
rebelliert. Schließlich sind wir hier in einer Dystopie! ;-)
Alan Derstan, unser Hauptprotagonist, roter Faden und Führer
durch die Geschichte, landet durch seltsame Umstände in dieser Welt, 100 Jahre
nach der Megaflut. An dieser Stelle muss ich sagen, ich hätte gerne erfahren,
wie er genau dort landen konnte. Da wird leider gar nicht weiter drauf
eingegangen. Ich empfand die Geschichte nicht als „Fantasy“, aber diese eine
Sache, wie er eben dort gelandet ist, hinterließ einen seltsamen Nachgeschmack
bei mir. Ich weiß, irgendwie musste der Gute ja dahin, wo er hinsollte, aber
dennoch. Das aber nur am Rande, denn bis ich am Ende der Geschichte angelangt
war, hatte ich den Grund für Alans Ankunft schon wieder vergessen. Ich denke,
dass sagt alles.
Alan ist ein zerrissener, einsamer, seltsamer Mann, mit
Grundsätzen, Prinzipien und einer dezenten und wirklich subtilen Macke. Er hat
viel durchgemacht, landet in einer Welt, die er nicht kennt und so ziemlich
alles und jeder versucht ihn umzubringen. Da kann man schon mal über die
Stränge schlagen. Aber ich mochte Alan, auch wenn er nicht immer das richtige
tut (oder gerade deswegen!). Es machte ihn menschlicher, echter, realer. Ich
verstand ihn, seine Konflikte, das, was ihn antrieb. Seine Entwicklung war
subtil und mit einigen Rückschlägen gespickt. Alan hatte sehr viele Sünden auf
sein Sünden-Konto geladen. Aber zählt am Ende nicht nur, dass man endlich
begreift, was man alles falsch gemacht hat? Das man am Ende wirklich und
wahrhaftig bereut?
Auf seinem Weg durch die Welt, die durchgespült vom Wasser
nun ihre karge, harte Seite zeigt, trifft Alan auf Menschen. Menschen, die
unterdrückt werden, das aber gar nicht anders kennen. Frauen, die arbeiten um
überleben zu können. Die eine göttliche Vorstellung haben, die mir so verquer
vorkam, dass sie schon wieder realistisch war, weil innerhalb der Geschichte
einfach die Möglichkeiten da waren, dass sie jemand gottgleich erhebt und den
Rest der Überlebenden sich selbst unterwirft. Es sind Frauen, die stark sind,
auch wenn man es nicht gleich sieht. Frauen, die Fehler machen und dennoch den
richtigen Weg einschlagen. Männer, die entgegen ihrer Kondition fühlen, dass
das was sie machen, einfach falsch ist. Dass ihre Leben kein Leben ist. Egal,
wie tief oder gründlich jemand sich die Menschen unterwirft und ihnen irgendein
Weltbild einbläut. Egal, wie sehr die Menschen auf etwas Konditioniert werden,
den Überlebensdrang kann man niemandem austreiben. Das angeborene Denken und
Fühlen von richtig und falsch kann niemand auslöschen. Die Autorin hat das hier
auf eine sehr eindrucksvolle Weise umgesetzt und dargestellt. Ganz langsam muss
auch der Leser lernen, was richtig und was falsch ist und sich fragen, warum
bestimmte Situationen, die wir als falsch ansehen, vielleicht doch richtig
sind. Und warum richtige Situationen so falsch sein können.
Es war eine lange, anstrengende Reise, die ich mit den
verschiedenen Figuren bestritt. Die Autorin hat einen sehr einprägsamen
Schreibstil, der mich alles viel intensiver erleben ließ. Ich spürte die Sonne
auf meiner Haut, litt Hunger, hatte Schmerzen und da war es vollkommen egal,
mit welcher Figur ich gerade reiste, denn sie hinterließen alle einen
bleibenden Eindruck. Ich mochte den ehrlichen, unverfälschten Schreibstil, die
Worte waren echt und ich glaubte ihnen, egal, wer gerade sprach oder dachte.
Melanie Vogltanz schaffte es sehr aufwühlende Bilder in meinen Kopf zu pflanzen
und mich damit immer tiefer in die Geschichte zu ziehen.
Ich litt mit den Figuren, ich starb tausend Tode, ich
hungerte, ich hatte Durst und schreckliche Angst. Ich schwitzte, fror und
zweifelte an allem und jedem. Es war grauenvoll und fantastisch zugleich.
Selten hat mich eine Geschichte körperlich so mitgenommen, wie diese hier.
Wenn man emotional und gedanklich sehr tief in einer
Geschichte drinnen steckt, dann entwickeln sich ganz von selbst Erwartungen.
Sie bauen sich auf, breiten sich aus und verankern sich in der eigenen Vorstellungskraft.
Ich wünschte mir für einige Figuren gute Dinge, für andere schlechte. Ich
hoffte. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Geschichte mit den Erwartungen des
Lesers umgeht. Erstens: sie erfüllen sich. Der Leser freut sich und alles ist
gut.
Zweitens: Man liest Ararat und die Erwartungen explodieren
wie die Welt, sollte man sie in die Luft jagen wollen.
Das Ende hat mich dermaßen aufgeregt, sodass ich noch
tagelang damit zu kämpfen hatte. Über mehrere hundert Seiten haben sich meine
Erwartungen aufgebaut, ich lernte die Figuren lieben und/oder hassen. Ich litt!
Ich hoffte! Ich LEBTE in der Geschichte nur um dann dieses Ende vorgesetzt zu
bekommen. Wieder sehe ich zwei Möglichkeiten (und ich weiß noch immer nicht,
welche ich für mich besser finde).
Erstens: Die Autorin wusste nicht, wie sie die ganzen,
gefühlte tausend rote Fäden, zusammenbringen will und hat sich ein anderes,
passendes, fulminantes Ende ausgedacht. Kurz, knapp, einfach.
Zweitens: Dieses Ende war genauso geplant, um die armen Leser
zu quälen.
Egal, welche Möglichkeit die richtige ist, das Ende ist im
Nachhinein gesehen, passend. Ich regte mich zuerst wirklich tierisch auf, aber
nachdem ich etwas darüber nachgedacht hab, geht es wirklich kaum passender.
Schließlich sind es die Sünden, mit denen die Menschheit zu kämpfen hat und
irgendwie hat sie bewiesen, dass man Menschen, egal wie sehr man sie
konditioniert, nicht ändern kann. Das trifft nun mal auf das Gute und auf das
Schlechte zu.
Eine Frage habe ich aber dennoch: Liebe Melanie, wie
funktionieren die Kameras in den Hütten der Frauen? Kabel? Wohl kaum.
Satelliten? Eher weniger. Drahtlose Funkverbindung? … Das nicht zu wissen, treibt mich noch in
den Wahnsinn! *Haare rauf*
„Ararat“ ist anders, als der Leser auf den ersten Blick glauben
mag und doch genauso, wie die Vorstellung es erlaubt. „Ararat“ urteilt nicht,
sondern sorgt dafür, dass man als Leser die Dinge selbst hinterfragt, das man
nachdenkt. Selbstreflexion. Ich denke, „Ararat“ fällt in die Kategorie der
Bücher, die man entweder mag, oder nicht. Dazwischen gibt es nichts. Ich mochte
es, deswegen denke ich, dass es für Dystopie-Fans ein must read ist. Man sollte
nur keine Erwartungen aufbauen. ;-)
Fazit
Obwohl „Ararat“ mit gefiel, bin ich innerlich total
zerrissen. Das Ende spielt hier eine sehr große Rolle. Auch wenn ich nach
einigen Tagen „drüber nachdenken“, denke es ist passend, ärgert es mich noch
immer. Außerdem gibt es einige Aspekte in der Geschichte (wie die oben
erwähnten Kameras), deren Funktionsweise ich mir einfach nicht erklären konnte
und die auch innerhalb der Geschichte keine Erklärung fanden. War jetzt nicht
sooo schlimm wie das Ende, aber dennoch vorhanden.
Klappentext
„Dies war der Tag, an dem die Welt ertrank.“
Wasser reinigt. Wasser ist Leben. Wasser wäscht alle Sünden fort. Doch was geschieht, wenn auch Technologien, die halbe Menschheit und fast alle Erinnerungen an das Leben, wie wir es kennen, von den Fluten weggespült werden?
Alan Derstan findet sich durch seltsame Umstände in einer postapokalyptischen Welt wieder. Ein gottgleicher Herrscher regiert, die Bevölkerung leidet und leise brodelnd regt sich Widerstand. Zwischen dem Aufbegehren und dem Versuch, sich in einer fremden Zukunft zurechtzufinden, entdeckt Alan so manche Regeln dieser neuen Welt, die in seinen Augen besser ein Opfer der Fluten geworden wären. War die Sintflut das Ende oder erst der Beginn einer größeren Katastrophe?
Wasser reinigt. Wasser ist Leben. Wasser wäscht alle Sünden fort. Doch was geschieht, wenn auch Technologien, die halbe Menschheit und fast alle Erinnerungen an das Leben, wie wir es kennen, von den Fluten weggespült werden?
Alan Derstan findet sich durch seltsame Umstände in einer postapokalyptischen Welt wieder. Ein gottgleicher Herrscher regiert, die Bevölkerung leidet und leise brodelnd regt sich Widerstand. Zwischen dem Aufbegehren und dem Versuch, sich in einer fremden Zukunft zurechtzufinden, entdeckt Alan so manche Regeln dieser neuen Welt, die in seinen Augen besser ein Opfer der Fluten geworden wären. War die Sintflut das Ende oder erst der Beginn einer größeren Katastrophe?
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