Inhalt/Meinung
Die Entscheidung „War Chant“ zu lesen, nahm
mir der Klappentext ab, denn der hatte mich quasi sofort an der Angel. Ich
liebe Dystopien und wenn es dann noch ein Schattenspiel zwischen Gut und Böse
ist, kann das nur gut werden. Oder?
Die Welt von „War Chant“ ist am Ende. Einige
Menschen leben auf einer Insel aus Müll („Odyssey“) und fristen ihr tristes
Dasein unter dem Regime der „Sieger“. Die Sieger bestimmen alles! Sie geben den
Menschen mit 6 Jahren einen Namen und bestimmen, als was gearbeitet wird. Sie
machen die Regeln und setzten sie durch. Und verlangen Dankbarkeit von den
anderen Menschen, die im Grunde nur da sind, um den Siegern ihren
Lebensstandard erhalten zu können. Die Welt war sehr interessant und
detailreich dargestellt. Dadurch, dass die Geschichte in der Ich-Form
geschrieben ist, sieht man natürlich immer nur das, was die Protagonistin
sieht, aber sie kommt viel rum, sodass ich nie das Gefühl hatte, irgendwas zu
verpassen. Die Müllinsel, die nach vielen Katastrophen entstanden ist, treibt
auf dem offenen Meer. Festland oder andere Inseln sind Gerüchte, denen die
Menschen mehr oder weniger Glauben schenken. Es ist ein schmutziges,
undankbares Leben, aber die Menschen das einzige was sie haben. Auch wenn sie
dauerhaft unterdrückt und bei Missachtung der Regeln teilweise sofort mit dem
Tod bestraft werden. Wenn man nichts mehr hat, außer den Kleidern die man
trägt, kann man auch nichts verlieren.
Als erstes lernen wir die Protagonistin
Harbinger kennen. Am Anfang ein kleines Mädchen ohne Namen, mausert sie sich
schnell zu einer recht guten Gladiatorin. Harbinger ist nicht dumm und lernt
sehr schnell, sieht viel, was um sie herum passiert und steht auch für ihre
Freunde und Familie ein. Leider muss ich sagen, dass ich sehr lange keinen
rechten Zugang zu ihr fand. Sie wirkte manchmal sehr trotzig, unfreundlich und
lustlos. Sie tat zwar alles, was man ihr so sagte, aber eigentlich hatte sie
gar keine Lust dazu. Jedenfalls kam es mir so rüber. Bis auf ein paar wenige
Ausnahmen, wurde sie irgendwie immer zum Handeln gezwungen, anstatt sie die
Dinge einfach mal selber in die Hand nahm. Erst im letzten Drittel wurde sie
mir sympathischer, als sie anfing, auch mal Gefühle zu zeigen. Zwar ist sie
immer wirklich sehr betroffen, wenn jemand stirbt den sie kennt, aber das kam
nie richtig bei mir an.
Der nächste, den ich von Anfang an allerdings
sehr interessant fand, ist Crawford. Ein Soldat der „Sieger“, der von Beginn an
immer in Harbingers Nähe zu sein scheint. Er ist der Antiheld schlechthin und
hält bis zum Ende seine Ziele recht gut unter Verschluss. Ich muss zugeben,
dass er mein Favorit unter den Charakteren ist, weil er für mich am ehrlichsten
und, bezugnehmen auf die Welt, am authentischsten wirkte. Crawford gehört zu
den Siegern, er könnte alles haben, ihm liegt die ganze Müllinsel zu Füßen. Und
dennoch hat er einen unerklärbaren Narren an Harbinger gefressen, der für mich
aber nie aufgesetzt wirkte. Er tat schlimme Dinge, aber hat sich irgendwie auch
immer an die Regeln gehalten. Dadurch, dass er zu den Bösen gehört, verkörpert
er sozusagen das Feindbild für alle, allen voran Harbinger, die in ihm sehr
lange das reine Böse sieht.
Die Geschichte als solche packte mich recht
schnell. Während Harbinger erwachsen wird und irgendwie ihren Weg geht, lernt
mal als Leser schnell, dass auf „Odyssey“ nicht alles, was sich Gut oder Böse
nennt, auch gut oder böse ist. Alles hat seine Schattenseiten und die zu
erkennen, fällt oftmals sehr schwer. Die Menschen treiben untereinander ihre Spielchen,
spinnen Intrigen und manipulieren andere, wie sie es eben gerade brauchen. Natürlich
wollen die einfachen Menschen sich erheben und gegen die Sieger angehen, eine
Rebellion lag von Anfang an schon in der Luft. Harbinger glaubt irgendwann an
diese Sache und muss sich dann aber schnell eingestehen, dass auch bei einer
guten Rebellion ganz viele Schattenseiten vorhanden sind.
Der Schreibstil der Autorin tat einiges um der
verloren und hoffnungslosen Stimmung auf „Odyssey“ noch einen drauf zu setzen.
Jede Figur hat ihre eigene Stimme und gerade das machte sie sehr greifbar.
Alles war sehr bildlich geschrieben und sorgte dafür, dass ich mich immer so
fühlte, als würde ich neben Harbinger stehen und mit ihr zusammen ein Abenteuer
erleben. Was mich allerdings ein bisschen gestört hat, waren die ganzen
Gladiatura-Begriffe, die zwar am Anfang erklärt werden, aber für mich einfach
zu viel waren um mir die ganzen Unterschiede zu merken. Das brachte mich immer
mal wieder raus, wenn von einer bestimmter Gladiator-Art die Rede war und ich
nicht mehr wusste, welche genau jetzt gemeint war.
Das Ende von Band 1 ist kein Ende, sondern ein
Übergang zu Band 2 und ich muss sagen, auch wenn ich anfangs keinen Zugang zu
Harbinger hatte, so bin ich doch wirklich gespannt, was sie im zweiten Teil
alles ertragen muss.
Fazit
„War Chant“ ist eine wirklich interessante
Dystopie mit Charakteren, die fernab vom Klischee agieren. Das Setting
erinnerte mich ein bisschen an „Waterworld“, hatte aber seinen ganz eigenen
Charme und war von vorne bis hinten komplett durchdacht. Das Leben auf der
Müll-Insel ist grausam bis kaum zu ertragen und die Figuren werden dadurch von
Angang an geprägt. Für Dystopie-Fans lohnt es sich auf jeden Fall, zu „War
Chant“ zu greifen!
* * *
Klappentext
Die junge Gladiatorin Harbinger lebt auf
Odyssey, wo sich die Menschen nach der großen Flutkatastrophe ein neues Heim
geschaffen haben. Doch die Insel ist zerfressen von Machtgier und das
totalitäre System der Sieger macht den Bewohnern das Leben schwer. Unfreiwillig
wird Harbinger in den erbitterten Freiheitskampf der Rebellen hineingezogen,
muss aber erkennen, dass es in dieser Welt kein Gut und Böse gibt, sondern
alles seine Schattenseiten hat.
(Das Copyright von Text, Bildern und Illustrationen liegt bei den Verlagen, Autoren und/oder den Illustrationen, die im Impressum erwähnt werden.)
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